Joanna Bator

 

Joanna Bator wurde 1968 geboren, studierte in Warschau Kulturwissenschaft und Philosophie. Sie wurde promoviert mit einer Arbeit über "Feminismus, Postmoderne, Psychoanalyse" und war Philosophiedozentin an verschiedenen Hochschulen (Warschau, New York, London, Tokio). Für ihre Reportagen "Japoński wachlarz" [Der japanische Fächer] erhielt sie 2005 den Beata-Pawlak-Preis. Joanna Bator konzentriert sich seit 2011 ganz auf das Schreiben und lebt in Warschau.

Sandberg [Piaskowa Góra] (Roman) Suhrkamp Verlag, Berlin 2011, ISBN 3518422227, Gebunden, 492 Seiten, 26,90 EUR ist ihr erstes ins Deutsche übersetztes Werk.

Klappentext

Aus dem Polnischen von Esther Kinsky. Die rebellische Dominika mit dem dunklen Teint und der "Zigeunermähne" ist eine Außenseiterin. In der Klasse fühlt sie sich zu den Mitschülern hingezogen, die anders sind: zu Dimitri, dem Sohn griechischer Exilanten, und zu Małgosia, ihrer lesbischen Freundin. Das Leben im "Sandberg", der heruntergekommenen Plattenbausiedlung am Rande einer westpolnischen Kleinstadt, ödet sie an: der Dreck, der Suff; ihre Mutter, die von einem Schwiegersohn aus Castrop-Rauxel träumt; die von Kirche und Konsumwahn manipulierten Nachbarsfrauen. Was geht sie das an? Wie kommt sie überhaupt hierher? Geliebt fühlt sich Dominika nur von ihren Großmüttern Halina, die im "Deutschenhaus" in der Altstadt wohnt, und Zofia, die sich 1943 das Leben nehmen wollte. Eines Tages taucht ein Historiker aus Kalifornien auf, der die Spur eines jüdischen Freundes verfolgt und wie beiläufig ins Gespinst der Lebenslügen hineinsticht, aus dem Dominika sich befreien will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Juni 2011 (Perlentaucher)

Nicole Henneberg ist absolut begeistert von Joanna Bators "Sandberg". Bei eben jenem handelt es sich um einen Wohnblock, informiert die Rezensentin, errichtet in den 60er Jahren im niederschlesischen Wałbrzych, ehemals Waldenburg. Protagonisten sind die zahlreichen Bewohner des Gebäudes. Deren individuelle Schicksale, Ängste und Träume fügen sich zu einem Gesamtbild, das Henneberg als repräsentativ für das Leben in der polnischen Provinz während der sozialistischen Diktatur einstuft. "Alle Fäden der polnischen Geschichte" würden hier gebündelt: die Traumata der Vergangenheit, die Repressionen der Gegenwart und der allgegenwärtige Katholizismus, staunt die Rezensentin. Herausgekommen sei ein recht düsteres Kaleidoskop extremer Emotionen, in dem übrigens die Männerwelt schlecht abschneide und allein zwei Frauen Anlass zu Optimismus geben würden. Einen vergleichbaren Einblick in die polnische Seele sucht die Rezensentin auf dem gegenwärtigen Buchmarkt vergebens.

Literaturclub des Schweizer Fernsehens von 24. Mai 2011

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