Stanisław Lem

Stanisław Lem (* 12. September 1921 in Lemberg, damals Polen; † 27. März 2006 in Krakau), Philosoph, Essayist und Science-Fiction-Autor.
Stanisław Lem kam als Sohn einer polnisch-jüdischen Arztfamilie auf die Welt, er studierte Medizin an der Universität Lemberg. Durch den Zweiten Weltkrieg wurden seine Studien unterbrochen. Lem, der mit gefälschten Papieren seine jüdische Herkunft verschleiern konnte, arbeitete während des Krieges als Hilfsmechaniker und Schweißer für eine deutsche Firma, die Altmaterial aufarbeitete. An der Jagiellonen-Universität in Krakau nahm er 1948 sein Medizinstudium wieder auf, schloss es aber aus politischen Gründen nicht ab. Da er deswegen nicht als Arzt praktizieren konnte, arbeitete Lem in der Forschung und verlegte sich immer mehr auf das Schreiben. 1951 wurde sein erster Roman Astronauci (dt. Der Planet des Todes, auch als Die Astronauten bekannt) veröffentlicht. Seine Bücher wurden bisher in 57 Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von mehr als 45 Millionen.

„Verlage, die mich in einer mit Science-fiction etikettierten Schublade eingeschlossen haben, taten dies hauptsächlich aus merkantilen und kommerziellen Gründen, denn ich war ein hausbackener und heimwerkelnder Philosoph, der die künftigen technischen Werke der menschlichen Zivilisation vorauszuerkennen versuchte, bis an die Grenzen des von mir genannten Begriffshorizontes.“


Lem in Riskante Konzepte

Rezensionen:

Stanisław Lem, Solaris

  • FAZ Feuilleton 18.10.2003

In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung macht der Science Fiction-Olympier Stanislaw Lem aus seinem Herzen keine Mördergrube. Gerade ist sein Roman „Solaris“ nach über dreißig Jahren ein zweites Mal verfilmt worden. Viel erwartet Lem davon nicht. Sein Roman lasse sich nicht zerhacken, „um den Rest als Brei mit Mayonnaise zu servieren“.
„Solaris“ beschreibt die Wirkung eines Planeten, auf dem Bewusstsein in Gestalt einer gallertartigen, ozeanartigen Masse entstanden ist. Über das Wesen einer solchen Intelligenz zu grübeln, sei jedoch kein Stoff für einen Film. Die Enttäuschung ist programmiert: „Bei mir gibt es keine Monster.“

  • Rezension von Erik Schreiber (geisterspiegel.de)

Solaris erschien 1961 und wird von vielen Freunden der wissenschaftlichen Erdichtung als eines der besten Bücher des Themengebietes wie auch des Autors selbst gehalten. Fest steht, dass dieses Buch die Leserschaft durchaus in Gespräche führt. Während die einen Leser voll hinter dem Buch und seinem philosophischen Gedanken stehen, bemängeln die Anderen das Buch als verschroben und irrwitzig.
Sicher ist jedoch, dass es Stanislaw Lem um die Erkenntnisfähigkeit des Menschen geht, um die Möglichkeit, den Verstand mit technischen Erfindungen zu beeinflussen wie zum Beispiel der Abenteuer des Ijon Tichy. In diesem Fall sind es aber keine technischen Erfindungen, sondern die Beeinflussung des menschlichen Geistes durch ein stärkeres Bewusstsein, des Planeten Solaris. In den Büchern die Lem zu Beginn der 1960er Jahre schrieb, sind eine Anzahl neuer Ideen vorhanden. Es ist eine Abkehr der typischen „Sozialisten-SF“, wie er sie zehn Jahre zuvor begann. In den zwanzig Jahren von 1960 bis Ende 1970 befindet sich Stanislaw Lem in einer stetigen Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Themen. Seine Themen sind dabei keine spinnerten oder reißerischen Erzählungen, sonder Stanislaw Lem bemüht sich, jeder Person eine Seele zu geben.
Solaris ist, nach mehr als 40 Jahren, immer noch ein spannender und überzeugender Roman. Die Handlung selbst ist aus der Sicht des Ich-Erzählers, bleibt aber, in der für Lem typischen, kritischen Distanz gehalten und zwingt den Leser und die Leserin, sich ebenfalls etwas zurückzunehmen und nicht allzu sehr mit einer der Handlungsträger oder dem Ich-Erzähler, in Verbindung zu treten. Lem bleibt kritisch. Nicht nur sich selbst als Autor gegenüber, sondern auch in seinen Romanfiguren, ja sogar gegenüber seinen Lesern, wie er einmal in einem Interview deutlich machte. Der Naturwissenschaftler gehört zu den wichtigsten polnischen Verfassern von Zukunftsgeschichten.

Stanisław Lem, Robotermärchen


Die Geschichten der Sammlung Robotermärchen handeln von klassischen Märchenthemen, mit dem Unterschied, dass alle handelnden Personen Roboter sind. Der doppeldeutige Titel Robotermärchen beinhaltet sowohl, dass es sich um Märchen mit Robotern, als auch für Roboter handelt. Menschen werden in den Geschichten nur am Rande und sehr nebulös erwähnt, mit Ausnahme der letzten Geschichte Zifferotikon, in der ein sogenannter „Bleichling“ auftaucht, der aus Sicht der Roboter als sehr abstoßend beschrieben wird.
Quelle: Wikipedia

  • Heinrich Vormweg (Suhrkamp)

Jedes einzelne von Lems Robotermärchen ist ein Musterstück spielerischen und anspielungsreichen, beispiellos erfinderischen und souverän parodistischen Erzählens, das jedenfalls in einem Punkt kein Zweifel läßt: Science-fiction bietet Möglichkeiten, die weit über die Grenzen der Konsumliteratur hinausweisen; Science-fiction ist eine Möglichkeit, aktuelle Literatur im vollen Anspruch des Wortes zu entwerfen
Als Klebäugler, Teignasen und Bleichlinge treten die Menschen in diesen futuristischen Märchen, die vorgeblich Roboter für Roboter geschrieben haben, in Erscheinung. Unsere metallenen und kristallischen Brüder haben das Joch der Menschen abgeschüttelt und sind in den Kosmos entfleucht. Die schrecklichsten unter ihren ergötzlichen und feinsinnigen Märchen und Mythen handeln von Kämpfen mit dem entsetzlichen Bleichling, einem Ungeheuer, das durch seinen bloßen Anblick jeden anständigen Roboter zum Rosten bringen kann.
Poetische Erfindungsgabe verbindet sich im Werk von Lem mit spekulativer Kraft und wissenschaftstheoretischer Erfassung von Zukunftsproblemen. Die letzte Realität der Robotermärchen ist indessen nicht die Wissenschaft, sondern die Sprache, und die Robotermärchen sind brilliante Sprachkunstwerke, die an Variationsreichtum und Schlüssigkeit der Parodie, an Wortwitz und sprachlicher Virtuosität ihresgleichen suchen: raffiniert ausgesponnene Lügenmärchen vom Wunderbaren und Kuriosen, das sich in den Zwischensternländern findet.

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